[3.3.3.2]
Zum Kriterium der »Gegenwärtigkeit«
bezüglich der somatischen Tendenz
Das körperbezogene Glücksgefühl drückt sich in der Erlebnisqualität von
Gegenwärtigkeit aus. Im Hier und Jetzt übersteigt das körperliche Erleben von positiver
Intensität die Einflüsse der anderen subliminalen Tendenzen und hebt den
Unterschied zwischen innen und außen, vorher und nachher auf. Neben den körperlichen
Erfahrungsbereichen von Erotik und Sexualität vermitteln vor allem positiv motivierte
körperliche Arbeit, Sport und Musik erfreuende Emotionen, die im gegenwärtigen
Erleben zur Entfaltung kommen und daher durch das Kriterium der Gegenwärtigkeit
zu bewerten sind.
Eine körperliche Stimulanz der Endorphine oder Glückshormone durch
entsprechende Drogen ohne körperliche Bewegung erzeugt nicht die gleiche Qualität von
Gegenwärtigkeit, weil das mit der Körperaktivität verbundene somatische Feedback
fehlt. Für dieses glaubt der Physiologe Neil Todd (vgl. New Scientist, Bd. 2047, S. 10)
eine Erklärung gefunden zu haben, die den Reiz solch unterschiedlicher Aktivitäten
wie Tanzen bei lautstarker Musik, Bungee-Jumping, Rafting oder Motorradfahren
betrifft. Ein Teil des Innenohrs, der Sacculus, der ebenso für das Hören, wie für die
Gleichgewichtsfindung zuständig ist, verursacht bei Stimulanz ein Bewegungsgefühl, das
durch die somatische Tendenz zu mehr Aktivität und zur Verstärkung des Gefühls
drängt. Extremsportler werden durch zunehmende Gewöhnung regelrecht süchtig nach
Steigerung von Geschwindigkeit oder Lautstärke. Normale Körperaktivität reicht nicht
aus, um dieses Feedback zu stimulieren. So hat die Empfehlung von
Karl Schallaböck vom Wuppertal Institut, Aktivität und ökologisches Bewußtsein miteinander zu
verbinden und öfters mal zu Fuß zu gehen keine große Attraktivität für Bewegungshungrige.
Das sensitive Potential muß daraufhin angelegt sein, körperliche Belastungsproben
im Alltag nicht völlig auszuräumen und zusätzlich durch positive, risikoarme
Tätigkeitsangebote intensive körperliche Aktivitätserfahrung zu fördern.
Einige Bereiche, in denen das sensitive Potential im beschriebenen Sinne zum
Einsatz kommt, werden aufgrund der Geringschätzung des Körpererlebens und dem
Mangel an entsprechenden persönlichen Erfahrungen von Theoretikern diskriminiert.
Doch der somatische Drang nach der Erfüllung der Sinne und dem Genießen der
Körperlichkeit gehört zum Menschsein und ist auch aus historischen Schilderungen und
Erfahrungsberichten von extremen Erlebnissen, insbesondere im Zusammenhang mit
kriegerischen Auseinandersetzungen bekannt. Diese Bereiche sollten auch von
Designern aufgegriffen werden, um die Thematisierung der somatischen Tendenz nicht
denjenigen zu überlassen, die dem Kriterium der Gegenwärtigkeit von
Körperempfindungen einzig durch extreme Reize, die spontan Emotionen wie blinde Faszination oder
Aggressivität auslösen, entgegen kommen.
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