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[4.3.1.2]
Zum Kriterium der »Durchmischbarkeit«
bezüglich der integrativen Struktur

Eine Wandlung wird bezüglich der integrativen Struktur durch das Kriterium der Durchmischbarkeit für die Erfahrung positiv erfaßt. Derjenige, der sich in ein System mit integrativer Struktur eingebunden fühlt, orientiert sein Verhalten am langsamen, von Durchmischung der Kommunikationsbeiträge geprägten Wandel des Systems. Hierzu tragen erstens Alterungsprozesses von Material, Vergänglichkeit und Erneuerung oder die jeweils akutalisierte Anpassung des Menschen an die vorgefundene Umwelt, Natur, Behausung, Gebrauchsgerät und zweitens die Fortsetzung der gewachsenen Tradition bei. Spezialisierte oder kontroverse Wandlungsprozesse bestehen in der integrativen Struktur nur kurz. Da alle Beteiligten eines integrativ strukturierten Sytems durch ihre Kommunikationsbeiträge einen stetigen Durchmischungsprozeß erzeugen, nivellieren sie dadurch zu exponierte Beiträge. Die neutralisierende Durchmischung der Kommunikationsbeiträge in sozialen Systemen mit integrativer Struktur, in die verschiedene individuelle und soziale Prozesse einfließen und dabei zunehmend ihre Besonderheit verlieren, verändert sich im zähen Dahinfließen. Dieser langsame Wandel wird seit Dilthey inzwischen auch alltagssprachlich mit Zeitgeist bezeichnet. Im Unterschied zu Hegels Begriff des Zeitgeists als Erscheinung des objektiven Geistes einer Zeit, der sich in einem spiralförmigen, dialektischen Fortschrittsprozeß zum absoluten Geist perfektioniert, meint die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs das Entstehen eines zu einer bestimmten Zeit allgemein verbreiteten Lebensgefühls und Wissensstands. Rock, Punk und Techno usw. sind zunächst als musikalischer Ausdruck für die Mitwirkung an einem bestimmten sozialen Sytem entstanden, wurden dann aber in alle Lebensbereiche integriert und als populäres, kollektives Potential gemeinsam weiterentwickelt. Gleiches gilt für Modeströmungen. Inhalte, die anfangs hinter diesen Ausdrucksformen standen verlieren ihre Bedeutung, indem sie vom allgemeinen Zeitgeist aufgesogen werden und in der mitmenschlichen Begegnung keine besondere Beachtung mehr finden. Nach dieser Absorption ist es kein geheimes Gruppenzeichen mehr, einen Ohrring oder Nasenring zu tragen, sich tätowieren zu lassen usw., sondern es gehört zum allgemeinen In-Sein, mit diesen Zeichen zu spielen, ohne deren gewachsene Bedeutung zu kennen oder mitteilen zu wollen.

Von dem kollektiven Potential von Design erwartet jeder an der integrativen Struktur Beteiligte, daß er dies ohne großen Lernaufwand für die weitere Kommunikation nutzen kann. Dies unterstützt bezüglich der kommunikativen Dimension der ästhetischen Erfahrung das Gefühl, jederzeit, trotz der Wandlung als einem Subprozeß im Teilprozeß der Bildung von Konventionen, auf dem letzten Stand der Kommunikation zu sein. Das kollektive Potential von Design wandelt sich mit dem Durchmischungsprozeß. Es entspricht dem Kriterium der Durchmischbarkeit durch die unspezifische Verwendung ästhetischer Elemente oder auch durch naheliegende, nicht experimentell entwickelte oder kreativ geschaffene Kombinationen von tradierten und neuen Herstellungstechniken und Materialien.

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