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6.3.2 Strategien zum Hauptprozeß der subliminalen Akkumulation von Erfahrung

Innerhalb der selbstorganisierenden Dynamik der subliminalen Organisationstendenzen sammeln sich die wichtigen persönlichen Erfahrungen an und bleiben im subliminalen Hintergrund über ihr bewußtes Erleben hinaus wirksam. Hier manifestiert sich die persönliche Historie. Der Erfahrungsschatz bildet einen Referenzbereich, in dem eine Osmose zwischen Erfahrungen die der Motivation, der Kognition und der Emotion sowie den drei Phänomenbereichen, Innenwelt, Körpergrenze und Außenwelt zuzuordnen sind, stattfindet und durch selbstorganisierende Prozesse weitere subliminale Verhaltenstendenzen erwachsen. Aktuelle Forschungen zur Wissensbildung lassen vermuten, daß im Normalfall eine komplexe Vernetzung und ganzheitliche Speicherung der erworbenen Erfahrungen im Erfahrungshintergrund stattfindet. Die Trennung kognitiver Wissenskomponenten von emotionalen oder motivationalen Anteilen erfolgt erst nach jahrelangem Üben in einem Spezialgebiet.

Daß Veränderungen des Erfahrungshintergrunds im Sinne einer Vertiefung oder Erweiterung keine bewußte, gezielte Entscheidung benötigen und sich aus dem Fluß der somatischen, der introvertierten und der explorativen Tendenz ergeben können, zeigt die Beobachtung eines Einzellers auf Nahrungssuche von William H. Calvin. Hat der Einzeller eine Nahrungsquelle gefunden, so bewegt er sich wiederholt kurzzeitig von ihr weg. Auf diese Weise kann er zufällig eine bessere Nahrungsquelle finden. Um dieses Verhalten zu erklären, ist dem Einzeller weder eine bewußte Absicht zu unterstellen, noch intelligente oder schöpferische Kräfte zu postulieren, sondern allein der Zufall als ausreichende Begründung annehmen. Analog dazu erklärt sich die menschliche Kreativität als selbstorganisierende Kraft,ohne sie auf mystische Eingebungen von außen zurückführen zu müssen. Vielmehr bewegt die neuronale Aktivität in ihrer Gesamtheit von Gehirn und Körper den Organismus in seinem Kontext in Referenz zum Erfahrungshintergrund auf ein bestätigendes sicher einschätzbares, weil bekanntes eventuell zur Vertiefung führendes oder auf ein unsicher bleibendes, weil noch unbekanntes, möglicherweise zur Erweiterung anregendes Angebot hin. Die Schaffung geeigneter Angebote im Lebenskontext durch Design erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit einem vertiefenden oder erweiternden Angebot und wirkt sich somit positiv auf die individuelle qualitative Erfahrungsakkumulation aus.

Für die Formung des Erfahrungsschatzes, aus dem sich das Wirklichkeitsverständnis speist, ist es deshalb entscheidend, welche ästhetischen Angebote während einer Verhaltenstendenz verfügbar sind. Sensitives, animatives und impulsives Potential von Design können in unterschiedlicher Weise zur qualitativen Erfahrungsakkumulation beitragen. Bezüglich ihrer Wirkung auf den Erfahrungsschatz ist einerseits die auf die resonante Option abgestimmte Strategie der Vertiefung durch die interpretative Perspektivität von Design zu beachten und andererseits die hinsichtlich der initiativen Option entwickelte Strategie der Erweiterung durch die emanzipative Perspektivität.

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