[4.3.2.1]
Beispiel für das distinktive Potential von Design
Der sozialpolitisch engagierte Friedrich Freiherr von Knigge, vertrat das Anliegen,
jungen Menschen, die in sozial benachteiligten Familien aufwuchsen durch gute Erziehung
bessere Chancen für einen zukünftigen beruflichen Aufstieg zu verschaffen. Als bestes
Mittel hierfür empfahl er das Training von an gutbürgerliche Verhaltensformen angepaßten
Fähigkeiten wie gutes Benehmen, höfliche Zurückhaltung, Beherrschung der Schönschrift
usw. Diese gut gemeinten Ratschläge trugen mit dazu bei, daß viele Menschen zur kritiklosen
Rollenakzeptanz und Unterordnung in bestehende soziale Konstellationen bereit waren
und durch vorauseilenden Gehorsam die hierarchische Organisation derjenigen Systeme
aufrecht hielten, die sich für ihre eigenen Lebensperspektiven eher negativ auswirkten.
Auch der Berufsstand der Designer bildet ein soziales System, an dem ein
Interessierter erst nach der Durchführung des Subprozesses der Eingliederung mitwirken kann.
Wird das System durch eine hierarchische Struktur definiert, führt dies seitens der Studenten
zur voreiligen Anpassung an disziplinäre ästhetische Vorschriften für gutes Design wie
geometrische Formen oder unbunte Farben. Dies trägt während dem Studium dazu bei, daß
viele Studenten anstelle ihr ästhetisches Empfinden und ihre Ausdrucksfähigkeit
kennenzulernen, weiterzuentwickeln und zu modifizieren unkritisch einem distinktiven, kanonischen
Regelsatz folgen und keine selbständige ästhetische Urteilskompetenz erwerben.
Wahrscheinlich begründet sich in dieser frühen Unterordnung in die vermuteten Normen des Berufs die
Tatsache, daß sich beispielsweise deutsche Designer bezüglich einer sinnenbetonten
Gestaltung schwer tun, während diese südländischen Designern locker von der Hand geht.
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