[5.3.1.1]
Beispiel für das adaptive Potential von Design
Da die spielerische Grenzfindung und Gestaltungsvariation bezüglich den Medien mit
organischer Logik von der Eigenaktivität der Person abhängt, sollten von außen keine
zielorientierten, drängenden Impulse gegeben werden. Im Vordergrund sollte vielmehr
die Anregung der persönlichen Entfaltung durch vielfältige Angebote und reichlich Zeit
stehen, nicht das Aufbauen von Körpererfahrungen nach vorgegebenen, engen Richtlinien. So
erscheint es in diesem Zusammenhang wenig sinnvoll, bereits zweijährige behinderte
Kinder an den einseitigen Bewegungsablauf eines Rollstuhls gewöhnen zu wollen.
Jaron Lanier, der Erfinder von Cyberspace-Brillen, arbeitet mit körperlich behinderten Kindern, um ihnen
im Cyberspace die spielerische Abgrenzung und Ausweitung ihrer körperlichen
Möglichkeiten erfahrbar zu machen, die sie wegen ihrer Behinderung in der gegebenen physikalischen
Welt nicht aus eigener Kraft zustande bringen könnten.
Das adaptive Potential von Design, das spielerischen Freiraum für die individuelle
Abgrenzung von Körpererfahrungen bietet, ist auch für Erwachsene wichtig. Dies zeigt der
Mißerfolg der ersten ergonomischen Arbeitsmöbel, die den Körper in eine optimale
Sitzhaltung pressen wollten. Einige Entwicklungsfirmen für Software haben ihre Büroeinrichtungen
aufgelockert und viele zum Spiel anregende Gegenstände einbezogen. Durch das Spielen
in Denkpausen, wird nicht nur der vom Sitzen erstarrte Rücken, sondern auch der Kopf
wieder freier und die Arbeit geht danach besser voran.
Besonders wichtig ist das Kriterium der Erspielbarkeit bezüglich der organischen
Logik auf dem Gebiet der Sexualität als Medium für persönliches Körpergefühl und für
sozialen Kontakt. Es fördert die sexuellen Erfahrung oder das Ausleben von Phantasien und
trägt somit dazu bei, starre Tabus aufzubrechen, die manche Menschen zur belastenden
Verdrängung ihrer Wünsche oder zum ernsthaften Überschreiten der sozialen Konventionen
zwingen. Die teilweise auch das Denken vereinnahmende Kraft der Sexualität als
organisches Medium läßt sich durch spielerischen, freien Umgang zum beherrschbaren, erotischen
Erleben gestalten. Die entsprechende Gestaltung von erotischen Hilfsmitteln,
Werbekampagnen oder der Präsentation in Geschäften sollte zu diesem spielerischen Erkunden
anregen und die Thematik aus ihrer Schmuddelecke herausholen.
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